Die Situation nach 1989 in Tschechien und nach der deutschen Wiedervereinigung eröffnete völlig neue Möglichkeiten, die Entfremdung in den Köpfen der Menschen, verursacht durch die historischen Ereignisse im 20. Jahrhundert und die getrennte Entwicklung der Länder nach 1945 abzubauen. Es gab die Chance, sich auf allen Ebenen des täglichen Lebens wieder anzunähern. Das rief nach Aktivitäten. Am 29. August 1992 wurde in Olbernhau ein Partnervertrag zwischen den Städten Olbernhau und Litvínov unterzeichnet. Bereits im Sommer desselben Jahres trafen sich Repräsentanten und Bürger aus Anlass des 90. Jahrestages der Stadt Olbernhau zu einer historischen Feier und verabredeten eine engere grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Um Vorurteile und Barrieren allmählich abzubauen, ist es wichtig, gegenseitig übereinander Bescheid zu wissen, die Geschichte und Gewohnheiten der Nachbarn zu kennen und sie zu verstehen. Das sind Grundvoraussetzungen dafür, zusammen arbeiten zu können und sich gegenseitig zu unterstützen. Es war und ist deshalb das Fundament des Partnervertrages zwischen Olbernhau und Litvínov.

Schon im Frühjahr 1993 versammelte sich eine Gruppe begeisterter Freiwilliger, die sich später im Verein zusammenschloss. Sie wollten die Stadt Litvínov unterstützten und verschiedene Veranstaltungen mit Olbernhau und weiteren Partnerstädten von Olbernhau organisieren. Daraus entwickelte sich mit Beginn der 90er Jahre eine „vierblättrige“ Städtepartnerschaft, die begann, den Gedanken des wiedervereinten Europa zu leben. Bürger der Partnerstädte Olbernhau (Sachsen), Stadtbergen (Bayern) und Brie-Comte-Robert (Frankreich – Region Seine und Marne) luden zu ihren gemeinsamen Treffen immer auch die Freunde aus Litvínov ein.

Anfangs präsentierte Litvínov bei diesen gemeinsamen Veranstaltungen oft Kunst. Es gab Ausstellungen unserer Künstler und vor allem musikalische Auftritte. Unter anderem durch den Chor Strunky, den Chor des Masaryk-Gymnasiums, die Gospel-Gruppe Zastaveníčko und die Kapelle der Musikschule. Die Musik öffnete uns Türen und Herzen. Wir lernten uns kennen und manches besser zu verstehen.

Mehrmals besuchten uns Freunde aus den genannten Städten in Litvínov. Sie machten sich mit unserer Stadt vertraut, mit ihren Fortschritten und ihren Sorgen. Sie knüpften Kontakte, von denen manche bis heute andauern.
Große Unterstützung, moralische und materielle, brachten im Jahr 1995 französische Freunde aus dem Heim für Behinderte in Brie-Comte-Robert. Sie besuchten damals eine ähnliche Einrichtung, das ÚSP Janov. Außer guter Laune und Optimismus brachten sie viele wertvolle Materialien mit, die beträchtlich beim Wiederaufbau der Einrichtung in Janov halfen. Die Belohnung waren ein freundschaftlicher Empfang und eine Vielzahl von Erlebnissen in Litvínov und in ganz Tschechien, woran sie sich bis heute gern erinnern.

Auch Schüler und Studenten aus Litvínov könnten von ihren „Sprachferien“ in Frankreich oder über Ferien- oder Studien- und Arbeitsaufenthalte in Stadtbergen berichten. Das sind nur einige Beispiele freundschaftlicher, grenzübergreifender Zusammenarbeit, die unauffällig Spuren hinterlassen in Form von Erkenntnissen, Verständnis, Toleranz und Annäherung.